Workshop held by Dirk Schuck and Marco Sonnberger
Identitätsbildender Konsum und sozialökologische Transformation

In gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen wird immer wieder spürbar, dass auch geringer Konsumverzicht von einem relevanten Anteil der Bevölkerung anscheinend als empfindliche Freiheitseinschränkung erlebt wird. Dies hat Anstoß gegeben zu Reflektionen, wie diese erlebte Verbindung von Freiheit und Konsum gesellschaftlich zustande gekommen ist (siehe etwa Lepenies 2022). Noch wenig beleuchtet ist dabei, wie dieser politisch-ideengeschichtliche Prozess mit einem Strukturwandel des Eigentums zusammenhängen könnte. Der interdisziplinär ausgerichtete Workshop dient dazu, dieser Frage nachzugehen.
Unsere Forschungshypothese ist, dass ein Verständnis von Privatbesitz, das sich vor allem auf Konsumgüter bezieht und insofern vom klassischen Grundeigentum entkoppelt ist, sich in ersten Ansätzen im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entwickelt. Als alltägliches Besitzverständnis hegemonial wird es jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – in der seitdem viel diskutierten „Konsumgesellschaft“ (siehe z. B. Baudrillard 1970, Brewer/McKendrick/Plumb 1982, Bauman 2009). Diese „Konsumgesellschaft“ zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass Gesellschaftsmitglieder ihre Identität über Konsumpraktiken (und entsprechende Besitzobjekte) konstruieren und nach außen hin präsentieren. Zunehmend tritt dabei heute ins Bewusstsein der politischen Öffentlichkeit, dass die Verbindung von Identität und Konsum quer zum Anliegen einer sozialökologischen Transformation hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft steht.
Auf dem Workshop soll es darum gehen, dem aktuellen gesellschaftlichen Spannungsfeld eines identitätsbildenden Konsums und der gesellschaftlichen Potentiale oder Hindernisse für eine sozialökologische Transformation historisch und soziologisch in der Analyse näher zu kommen. Denkbar sind sowohl historische als auch gegenwartsbezogene Beiträge, die sich im interdisziplinären Feld einer ökologisch informierten politischen Ideengeschichte und Philosophie, der Umweltgeschichte, der Sozialtheorie oder einer empirisch orientierten Soziologie bewegen. Es soll darum gehen, diese Disziplinen in einen thematischen Dialog miteinander zu bringen.
Programm:
Donnerstag, 16.10.25
13:00-13:30 BEGRÜSSUNG & EINFÜHRUNG
13:30-14:00
Frédéric Graber: Trinkwasser als individueller und kollektiver Konsum
14:00-14:30
Henrike Rau & Eoin Grealis: Teilen als Treiber sozial-ökologischer Transformation? Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Konsum in der Kreislaufgesellschaft
14:30-15:00 KAFFEEPAUSE
15:00-15:30
Lea Kirn: Geschlecht als Identität des Verlusts? Doing Gender als Praktik des Verlusts im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Konsummustern
15:30-16:00
Marlen Reinschke: Für eine ökologische Repositionierung von Identitätskonstitutiven
16:00-16:30 KAFFEEPAUSE
16:30-17:00
Jana Rückert-John & Tonia Ruppenthal: Fleisch schafft Identität
17:00-18:00 ABSCHLUSSDISKUSSION
19:30 DINNER
Freitag 17.10.25
08:30-09:00
Sarah Schönbauer: Ich kann meine Familie nicht mit Plastik füttern: Plastikfrei-Aktivistinnen zwischen Selbstermächtigung und konservativem Rollenbild
09:00-09:30
Maria Pfeiffer: Zwischen Wohlstand und Umweltbewusstsein: Zimmerpflanzen als Symbol für Wohlfühlkonsum im Klimawandel
09:30-10:00 KAFFEEPAUSE
10:00-10:30
Elisabeth Süßbauer: Konsum und Identität. Eine abfallsoziologische Perspektive
10:30-11:00
Anna-Katharina Gehron: Nachhaltiger Konsum als Möglichkeit der posttraditionalen Gemeinschaftserfahrun
11:00-11:30 KAFFEEPAUSE
11:30-12:00
Marco Sonnberger: Konsumtive Identitätskonstruktionen und gesellschaftliche Naturverhältnisse
12:00-12:30
Dirk Schuck: Lebensweltlich-ökologische Konsequenzen des Besitzindividualismus
12:30-13:00 ABSCHLUSSDISKUSSION
Programm als PDF